1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln
Das hätte mein voriger Beitrag (Rollenspiel ist eine Symbiose) sein sollen. Dank gebührt TheClone!
Im vorigen Beitrag habe ich ohne ausreichendes theoretisches Hintergrundwissen versucht den Beitrag von Nebelland auf theoretischer Ebene zu kritisieren. Hier will ich ich diesen Fehler vermeiden und mich auf das beschränken, was ich sinnvoll tun kann: Einen Abgleich der Theorie mit meiner Erfahrung.
Erst nochmal vorweg: Nachdem ich den Kommentar von TheClone gelesen habe ist mir aufgefallen, dass ich den Artikel nicht wirklich fair gelesen hatte, sondern von vorneherein der Grundaussage ablehnend gegenüberstand und ihm so nicht die Chance gegeben habe, die er verdient. Auch diesen Fehler versuche ich hier zu vermeiden.
Der erste Schritt zum Abgleich mit der Erfahrung ist zu prüfen, welche Vorhersagen die Theorie trifft.
In der Theorie wurde effektiv die Frage aufgeworfen, ob Erzählspiel und taktisches Spiel nicht kombinierbare Klassen sind.
Die Vorraussage, die ich darin finde ist:
Der Abschnitt, der mir dazu am stärksten ins Auge fällt ist der folgende:
"An diesem Punkt des nun geschaffenen Überblickes erliegt der Betrachter leicht der Versuchung, taktisches und Erzählrollenspiel als "Varianten" des selben Grundspieles aufzufassen. Je nach "Vorliebe" könne man mal die eine, mal die andere "Spielart" (sic!) betonen, oder die "Stile" ließen sich im Spiel gar anteilig mischen. Der Eindruck ist verzeihlich; zu ähnlich erscheinen oberflächlicher gesehen Spielsituation und Mechaniken. Doch wie eingangs angemerkt ist dies ein Irrtum, und er wiegt um so schwerer, als dass anscheinend nicht nur die Mehrheit der Spieler, sondern auch ein erheblicher Anteil der Spielautoren ihm erliegt."
Das heißt: Die beiden Klassen von Spielen können nicht gemischt werden.
Mir ist hier nicht klar, in welchem Rahmen sie nicht gemischt werden können. Ich sehe grundlegend erstmal zwei Möglichkeiten:
Die erste Vorraussage fällt dabei sofort: In jeder Kampagne, in der ich bisher gespielt habe, kamen sowohl taktische als auch erzählerische Elemente vor. Wir haben uns nicht immer an jede Regel gehalten, gerade wenn es um den Tod von Charakteren ging, aber den größten Teil der Zeit haben die Regeln den Ablauf bestimmt. Manchmal haben wir Runden gespielt, die von der SL vollständig durchgeplant waren (wo teilweise auch Regeln ignoriert wurden), während andere Runden sich wieder hart an den Regeln orientiert und auch die bereits beschriebene Welt vollständig genutzt haben - inklusive Kartenmaterial.
Die zweite Möglichkeit ist weniger klar, je nachdem, wie groß die Abschnitte gewählt werden.
Wenn wir auf die kleinstmöglichen Abschnitte gehen, würde ich aus meiner Erfahrung zustimmen: Eine einzelne Handlung kann nur entweder von den Regeln bestimmt werden oder von den Notwendigkeiten der Geschichte - und Spieler reagieren teilweise recht allergisch darauf, wenn sie erwarten, dass die Regeln die Handlung bestimmen, in Wirklichkeit aber die Geschichte die Entscheidung trifft (oder umgekehrt). Anders gesagt: Spieler reagieren allergisch, wenn ihre Erwartungen, wie das Ergebnis der Handlung bestimmt wird, nicht mit den Erwartungen der SL übereinstimmen.
Sobald wir aber in etwas größere Bereiche gehen wird es unklar.
Selbst in einem völlig taktischen Kampf kann die Entscheidung, ob der "Endgegner" entkommt, von der SL nach dramatischen Kriterien getroffen werden, da das Wissen der Spieler um die Hintergründe im Spiel begrenzt ist. Die Spieler können im Nachhinein nicht wissen, ob der Endgegner seinen Kämpfern wirklich schon am Anfang eingetrichtert hat, dass sie sich alle auf den ersten Charakter stürzen sollen, der ihm zu nahe kommt. Der Grund ist, dass bei verbaler Kommunikation niemals alle Informationen gleichzeitig übermittelt werden können (und dass das Wissen um die Taktik der Gegner den Spielern die Spannung zerstören könnte).
Sobald wir aus dem Bereich einer einzelnen Handlung heraus kommen war das Spiel in bisher jeder Runde in der ich gespielt habe eine Mischung aus erzählerischer und taktischer Spielweise (jeweils definiert dadurch, wie das Ergebnis einer einzelnen Handlung bestimmt wird: Nur aus Sicht der Dramaturgie oder nur aus Sicht der Regeln und der Fakten, die bereits vorher festgelegt wurden).
Die Aussage "verschiedene Klassen des Spiels können nicht gemeinsam gespielt werden" trifft meiner Erfahrung nach im Rollenspiel höchstens auf der Ebene der einzelnen Handlung zu. Sobald mehr als eine Handlung betroffen ist, vermengen sich beide Spielstile.
Das heißt auch, dass der Vergleich mit Basketball und Fußball kaum zutreffend ist. Wo in der einen Situation ein Torschuss das Spiel entscheidet kann es in einer anderen Situation bereits ein Slamdunk sein. Das einzige, wo es bei uns dabei bisher zu Problemen kam waren Situationen, in denen verschiedene Teilnehmer unterschiedliche Meinungen dazu hatten, nach welchen Regeln die aktuelle Handlung entschieden wird ("Hand!" - "Aber wir müssen doch den Korb treffen!").
Das heißt: Selbst wenn der gesamte Rest des Artikels von der Ludulogie her passt, entspricht die Vorraussage nicht der Realität der Runden, die ich bisher erlebt habe. Anders gesagt: Die Theorie trifft auf meine Runden nicht zu und kann daher keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben.
Sie kann allerdings für bestimmte Spezialfälle zutreffen, in denen einige Teilnehmer sehr extreme Meinungen vertreten und entweder niemals einen Bruch oder eine (vielleicht nur empfundene) Beugung von Regeln zum Zweck einer schönen Geschichte akzeptieren oder niemals die "Störung" der Geschichte durch die Regeln annehmen.
PS: Es ist immer leichter zu kritisieren als etwas zu schaffen, deswegen möchte ich nochmal Florian meine Hochachtung dafür aussprechen, dass er sich der Aufgabe gestellt hat, seine These ludulogisch zu untermauern - selbst wenn ich seine Meinung nicht teile ist das eine verdammt gute Leistung. Und ich entschuldige mich für meinen vorigen, recht inkohärenten Artikel.
Kann ich dir nur zustimmen,
Kann ich dir nur zustimmen, in meinen Runden sieht es ähnlich aus. Derzeit mischen wir sogar D&D 4E durch und das ist ein sehr taktisches Spiel.
Im Rollenspielbereich gibt es keine echten Untersuchungen, Erhebungen, Langzeitstudien etc. In Foren gibt es zwar immer wieder theoretische Betrachtungen, aber die sind stets nur ein Blick auf den eigenen kleinen Mikrokosmos. Das führt dann schnell mal zu einer subjektiven Wahrnehmung. Ist ähnlich wie beim Fußball, da ist auch jeder Fan ein Experte und weiß es vor dem Fernseher besser als der Trainer und die Spieler auf dem Platz. Sagt man was dagegen, ist der Fan eingeschnappt. Aber das macht ja auch den Reiz eines Hobbys aus. :)
Dann gibt es auch noch die Abschlussarbeiten etc., die auch keine echte Untersuchung darstellen und sich die Hilfe/Informationen oft aus Rollenspielforen holen und auf Onlinefragebögen bauen. Na ja, in meinen Augen ebenfalls fraglich - vor allem da verschiedene Foren auch verschiedene Stile und Ausrichtungen haben.
Ich lese solche Artikel trotzdem immer wieder gerne um mich darüber zu informieren, wie andere Spieler, Spielleiter und Gruppen vorgehen, was sie denken und wie sie sich und ihr Hobby wahrnehmen. Solange das Rollenspiel nicht vollständig auf ein taktisches System reduziert wird (dann ist es im Grunde nur noch ein Brett-, Karten- oder Würfelspiel) kann man kaum eine allgemeingültige Aussage treffen. Das D&D-4E-Spielleiterhandbuch ist in seinen Analysen schon recht gut, aber auch ziemlich vorsichtig und vor allem auf das eigene System ausgerichtet.
Rollenspiel sollte weniger als erlernbare Theorie verstanden werden, sondern als künstlerische Ausdrucksform und Lernverhalten. Lässt man das weg, hat man halt ein Brett-, Karten- oder Würfelspiel - jedenfalls meine bescheidene Meinung. :)
Super :)
Der Artikel gefällt mir sehr gut :) Sehr sachlich. Ihr beiden habt jetzt das Konfiktgebiet sehr gut abgesteckt, finde ich. Und das ohne dass einer der beiden Standpunkte insgesamt an Gültigkeit verliert. Der Unterschied oder die Unklarheit besteht eigentlich nur darin, auf welcher Ebene die beiden Klassen des Spiels nicht kombinierbar sind.
Wirklich interessant wäre eine Stellungnahem von Florian zum Thema.
Stellungname von Florian
Ich würde mich auch freuen Florians Meinung dazu zu hören. Vielleicht kann er die Erfahrungen ja als Input nehmen, um seine Theorie zu verfeinern.
Interessante Artikel
Ich stimme TheClone zu. Die Artikel gefallen mir und beleuchten die Standpunkte von verschiedenen Seiten. Man bekommt über das Thema so einen theoretischen und praktischen Einblick.
Jupps
Sowohl mechanische als auch dramaturgische Regeln sind ja Methoden um Fragen zu beantworten. Etwa "trifft Wilhelm Tell denn nun den Apfel?" Jede solche Frage muss beantwortet werden und es gibt natürlich nur eine wirksame Antwort. Wenn man Glück hat, beantworten Mechanik und Dramaturgie die Frage gleich, dann hat man kein Problem und kann scheinbar sogar beide Mechanismen gleichzeitig benutzen. Wenn sich beide widersprechen, muss man einem von beiden den Vorzug geben. Welche das ist, unterscheidet sich von Situation zu Situation, wird aber auch maßgeblich von der Spielgruppe beeinflusst. Vermutlich ist es das, was Florian in seinem Beitrag meint (ohne diesen gelesen zu haben).
In dieser Betrachtungsweise ist es klar, dass jede einzelne Handlung mit einer von beiden Methoden aufgelöst werden muss (Bzw. eventuell sogar einer dritten? Wer sagt, dass es nur Mechanik und Dramaturgie gibt? Oder gilt: alles was nicht Mechanik ist, muss Dramaturgie sein?). Im größeren Kontext vermischen sich dann nachgerade zwangsläufig die Methoden, wobei natürlich eine Tendenz zur einen oder anderen erkennbar ist. Das nennt sich dann Spielstil.
Mehrere Methoden
Mir fällt akut noch eine weitere Möglichkeit ein: "Wer am besten erzählt schafft es."
Die hängt weder mit den Regeln, noch mit der Dramaturgie zusammen (es sei denn, es steht in den Regeln). Gerade bei Verhandlungen und Verführungsversuchen tritt sie recht oft auf :)
Dazu gibt es noch "gesunden Menschenverstand", der oft, aber nicht immer, über allen anderen Mechaniken steht.
Re: Realitätscheck: Erzählspiel und taktisches Spiel als ...
Hi!
Na, wenn ich schon gebeten werde. :)
Die Vorraussage, die ich finde ist: Klassen können nicht gemischt werden
Halt, das Pferd fängt am anderen Ende an. :) Nur der Sauberkeit halber: die These ist, dass es überhaupt zwei Klassen gibt. Die Voraussage ist dann, dass ein Spiel entweder als das eine oder als das andere gespielt wird. Daraus folgt dann, dass es keine Mischform gibt - richtig.
Mir ist hier nicht klar, in welchem Rahmen sie nicht gemischt werden können. Ich sehe grundlegend erstmal zwei Möglichkeiten:
Und damit übersiehst Du Möglichkeit Nummer drei, um die es mir eigentlich geht. Ich spreche immer gern vom "Spielabend", weil der formal das eigentliche Spiel ist: Anfang, Verlauf, Ende (auch wenn das Ende von der Geschichte her betrachtet nur eine Pause ist). Und damit befasse ich mich und sage: wenn sich Spieler für ein paar Stunden am Stück zusammensetzen, spielen sie entweder ein Erzählspiel, ein taktisches Rollenspiel oder etwas anderes - ich erhebe ja keinen Anspruch auf Ausschließlichkeit.
Manchmal haben wir Runden gespielt, die von der SL vollständig durchgeplant waren (wo teilweise auch Regeln ignoriert wurden), während andere Runden sich wieder hart an den Regeln orientiert und auch die bereits beschriebene Welt vollständig genutzt haben - inklusive Kartenmaterial.
Genau, Du sagst es ja selber, wenn Du nochmal nachliest. Das ist es, worum es geht. Der Vertrag, die Abmachung: was soll gelten, wie spielen wir und warum.
Selbst in einem völlig taktischen Kampf kann die Entscheidung, ob der "Endgegner" entkommt, von der SL nach dramatischen Kriterien getroffen werden, da das Wissen der Spieler um die Hintergründe im Spiel begrenzt ist. Die Spieler können im Nachhinein nicht wissen, ob der Endgegner seinen Kämpfern wirklich schon am Anfang eingetrichtert hat, dass sie sich alle auf den ersten Charakter stürzen sollen, der ihm zu nahe kommt.
Du bist wahrlich noch nicht durch die harte Schule der ARS-Gemeinde gegangen. ;-) Ich sage: wenn der SL aus dramatischen Gründen entscheidet, dass der Endgegner entkommt, war es kein taktisches Spiel. Punkt, aus, Ende. Ich glaube aber, ich weiß langsam, wo der Hase bei uns im Pfeffer liegt: am Spieltisch kann durchaus Unklarheit oder sogar gar kein Konsens herrschen, was eigentlich gespielt wird. In Deinem Beispiel heißt das: der SL spielt ein dramatisches Spiel, die Spieler ein taktisches - weil sie es nicht besser wissen, wie Du selbst schreibst. Es ist auch möglich, dass Spieler am Tisch sitzen, von denen der eine taktisch spielt und der andere sich über blumige Wendungen der Geschichte freut. Aber das ist keine Kombination. Diese Spieler spielen nicht das selbe Spiel.
PS: Es ist immer leichter zu kritisieren als etwas zu schaffen, deswegen möchte ich nochmal Jürgen meine Hochachtung dafür aussprechen, dass er sich der Aufgabe gestellt hat, seine These ludulogisch zu untermauern
Ich klopfe Jürgen auch auf die Schulter. Sagst Du mir noch, wer das ist? ;-)
Noch was zu den anderen Kommentaren:
PiHalbe: Wenn man Glück hat, beantworten Mechanik und Dramaturgie die Frage gleich, dann hat man kein Problem und kann scheinbar sogar beide Mechanismen gleichzeitig benutzen. Wenn sich beide widersprechen, muss man einem von beiden den Vorzug geben. Welche das ist, unterscheidet sich von Situation zu Situation, wird aber auch maßgeblich von der Spielgruppe beeinflusst. Vermutlich ist es das, was Florian in seinem Beitrag meint (ohne diesen gelesen zu haben).
Bewundernswerte Intuition. :) Mein Standpunkt ist nur der, dass es eben nicht von Situation zu Situation entschieden wird, sondern als allgemeiner Konsens der Gruppe besteht. Wenn ich jetzt aber mit sozialen Verträgen anfange, kommen die ganzen Forge-Leute aus ihren Gräbern gekrochen...
Drak: Mir fällt akut noch eine weitere Möglichkeit ein: "Wer am besten erzählt schafft es."
Ist abgedeckt, wenn auch nicht ausdrücklich. Das ist agonistisches Erzählspiel. Zitat: "Wir finden andererseits gelegentlich auch Kampf und Wettbewerb: den Kampf um Erzählkompetenz in jüngeren Erzählspielsystemen, oder der Wettbewerb um die gelungenste Figurendarstellung."
Taysal: Rollenspiel sollte weniger als erlernbare Theorie verstanden werden, sondern als künstlerische Ausdrucksform und Lernverhalten. Lässt man das weg, hat man halt ein Brett-, Karten- oder Würfelspiel - jedenfalls meine bescheidene Meinung. :)
Um Himmels willen, löscht diesen Kommentar! Schnell, eh hier ein ARS/D&D-Verfechter aufkreuzt und Taysal platt macht! Das könnte man ja so verstehen, dass Rollenspiel nicht nur ein Spiel, sondern Kunst sein kann, und wo kämen wir denn dann hin... ;-)
Florian
Hi Florian,Ich klopfe
Hi Florian,
Ich klopfe Jürgen auch auf die Schulter. Sagst Du mir noch, wer das ist? ;-)
Argl! Braintypo... Ich meinte natürlich Florian.
... sowas passiert mir manchmal...
die These ist, dass es überhaupt zwei Klassen gibt.
Die kann ich allerdings nicht prüfen. Das einzige was ich prüfen kann sind die Vorraussagen, die die Theorie macht, und wenn die stimmen deutet das darauf hin, dass auch die Theorie stimmen kann.
Und nach meiner Erfahrung stimmt die Theorie auf der Ebene einzelner Entscheidungen, aber nicht im größeren Bereich, weil da in bisher jeder meiner Runden Mischformen waren.
Wenn du allerdings meinst, dass die Klasse taktisches Spiel nur dann zutrifft, wenn über den gesamten Spielabend hinweg alle Entscheidungen nur taktisch getroffen werden, dann fällt da schon jede Runde raus, in der die SL entweder Begegnungen für die SCs raussucht oder die Welt selbst erschafft.
Die meisten Formen sind so schlicht und einfach Mischformen, bei denen Entscheidungen mal aus dramatischen Gesichtspunkten ("sorry, ihr hattet keine Chance") und mal aus taktischen Gesichtspunkten ("Drei 6-er! Damit war's das für dich, Ganganführer!") getroffen werden.
Die Abmachung ("Gruppenvertrag") kann nämlich auch sein: "Im einzelnen Kampf halten wir uns fest an die Regeln, außer wenn dadurch Charaktere völlig sinnlos und blöd sterben würden". -> Das ist unsere Standardabmachung, eine Mischung aus Dramatischem Spiel und Taktik. Ob Kämpfe zwischen NSCs jetzt nach den Regeln ablaufen interessiert im allgemeinen niemanden, solange sie genügend nahe am von den Regeln zu erwartenden Ablauf sind.
Damit ist voll und ganz Konsens darüber, was gespielt wird, und auch wann welche Art der Entscheidungsfindung genutzt wird. Nur ist die Abmachung halt nicht "nur Regeln" oder "nur Drama", sondern irgendetwas zwischendrin - teilweise explizit in einem Gruppenvertrag festgelegt ("Wir wissen, dass er uns nicht sterben lassen wird!"), teilweise implizit in (sich manchmal widersprechenden) Erwartungen.
ARS ist dabei einfach ein bestimmter Gruppenvertrag: "Alles läuft nach den Regeln".
Und über den Gruppenvertrag funktioniert ein Mischspiel sehr gut. Es muss nur immer klar (und Konsens) sein, welche Methoden der Entscheidungsfindung in welcher Situation genutzt werden.
Noch ein Beispiel: Die SL hat ein Minenfeld vorbereitet, und eigentlich lagen auf dem Weg viele Hinweise, dass da Minen sind. Leider haben die Spieler sie alle übersehen, weil sie einen Weg gefunden haben, mit dem die SL nicht gerechnet hat. Soll die SL einfach abwarten und irgendwann sagen "eine Reihe Explosionen zerreißt euren Wagen. Wochen später wird eure Identität durch DNA-Analysen festgestellt. Hatte jemand von euch Verwandte?"
Wenn sie das nicht machen soll, dann ist der Spielabend nicht rein regelbasiert ("Das war ja unfair!" - "Ihr habt die Hinweise nicht gesehen, weil ihr durch den Geheimgang gegangen seid."). Die SL hat etwas übersehen, dürfte es bei einem rein Regelbasierten Spiel aber nicht korrigieren.
Gegenbeispiel aus Drama: An diesem Punkt des Handlungsbogens muss der große Konflikt kommen (z.B. Ende des Spielabends), die Charaktere haben aber jede Möglichkeit abgedeckt und ihre Planungen sind wasserdicht. Soll die SL sich an das Drama halten und die ganzen Vorsichtsmaßnahmen ignorieren, oder soll sie eben doch den Regeln nach die Vorbereitungen klappen lassen, so dass die grausamen Feinde in die vorbereiteten Fallen laufen und sterben, ohne eine größere Gefahr gewesen zu sein?
Laudatio
Dein Beitrag wurde von rsp-blogs.de gewürdigt: Laudatio"
Yay!
Hab's gerade gesehen (früher als den Kommentar ;) ).
Finde ich toll! :)
es wurde bisher keine Kombination aufgezeigt
Wenn man die Regeln eines Spiels so ändert, dass SCs immer nur bewusstlos werden können (statt sterben) oder man die entsprechenden Regeln des EWS verwendet (dass man nur sterben kann, wenn man die Kampftaktik "Auf Leben und Tod" verwendet), so bleibt das Spiel taktisch. Die Taktik wird lediglich den geänderten Regeln angepasst.
Dabei haben diese Regeln nichts mit Dramaturgie zu tun. Ob Gegner getötet oder gefangen genommen werden, ist hier nicht das entscheidende. Es geht um den Spannungsbogen: Einleitung, Aufbau der Spannung, Rückschlag und Überwindung des Rückschlages hin zum Finale, dessen Ausgang (Sieg oder Niederlage, letzteres im Drama) festgeschrieben ist.
Gebrochen wird mit der Taktik dann, wenn man normalerweise Gegner bewusstlos schlagen kann und dies ignoriert wird, weil der Endgegner aus dramaturgischen Gründen entkommen und nicht einfach vom Scharfschützen abgeschossen werden soll.
Genauso wäre es kein taktisches Spiel, wenn die SCs am Ende immer gewinnen würden, weil aus dramaturgischen Gründe "das Gute" am Ende gewinnen muss. Wenn die Gegner unterlegen sind, so bleibt das Spiel taktisch. Etwas anderes als unterlegene Gegner würde ja auch zu mind. 50% dazu führen, dass die ganze Gruppe neue SCs erstellen muss, was normalerweise unerwünscht ist. Wenn jetzt aber die unterlegenen Gegner besser würfeln, so könnten sie gewinnen. Im taktischen Spiel akzeptiert man das. Im dramaturgischen Spiel ignoriert man die Regeln und lässt die Gegner trotzdem verlieren.
Eine Mischform ist hier nicht gegeben.
Die Kombination steht nicht in den Regeln
Stattdessen ist die Kombination schlicht, wie Entscheidungen getroffen werden.
Um mich einfach mal schamlos selbst zu zitieren ( :) ):
Noch ein Beispiel: Die SL hat ein Minenfeld vorbereitet, und eigentlich lagen auf dem Weg viele Hinweise, dass da Minen sind. Leider haben die Spieler sie alle übersehen, weil sie einen Weg gefunden haben, mit dem die SL nicht gerechnet hat. Soll die SL einfach abwarten und irgendwann sagen "eine Reihe Explosionen zerreißt euren Wagen. Wochen später wird eure Identität durch DNA-Analysen festgestellt. Hatte jemand von euch Verwandte?"
Wenn sie das nicht machen soll, dann ist der Spielabend nicht rein regelbasiert ("Das war ja unfair!" - "Ihr habt die Hinweise nicht gesehen, weil ihr durch den Geheimgang gegangen seid."). Die SL hat etwas übersehen, dürfte es bei einem rein regelbasierten Spiel aber nicht korrigieren.
Gegenbeispiel aus Drama: An diesem Punkt des Handlungsbogens muss der große Konflikt kommen (z.B. Ende des Spielabends), die Charaktere haben aber jede Möglichkeit abgedeckt und ihre Planungen sind wasserdicht. Soll die SL sich an das Drama halten und die ganzen Vorsichtsmaßnahmen ignorieren, oder soll sie eben doch den Regeln nach die Vorbereitungen klappen lassen, so dass die grausamen Feinde in die vorbereiteten Fallen laufen und sterben, ohne eine größere Gefahr gewesen zu sein?
Fazit: Sobald die Regeln den Verlauf der Geschichte ändern können, ist es kein reines Dramaspiel mehr, und sobald für eine schönere Geschichte die Regeln gebeugt werden können, ist es kein reines Regelspiel mehr.
Und in beiden Beispielen würde die jeweilige "reine Lehre" den Spielspaß für mich zerstören.
Gleichzeitig können aber 90% der dramaturgischen Entscheidungen taktisch getroffen werden - oder 90% der Einzelinteraktionen dramaturgisch entschieden werden.
PS: Wir haben im EWS im vereinfachten Kampfsystem zwar keinen direkten Tod mehr (wegen einem einzelnen leicht daneben gegangenen Wurf zu sterben ist mMn nervig - habe da meine Erfahrungen mit Mers gemacht...), spielen aber in den meisten Runden mit dem Fokusmodul Kampf, in dem der Tod sehr wohl in den Regeln steht. Trotzdem wissen meine Spieler, dass ich sie nicht einfach sterben lasse (ohne vorher mehrfach und auch offplay klar vorzuwarnen, oder es mit dem betreffenden Spieler abzusprechen).
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