1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln
1Wie schnell entwickeln wir unsere Fähigkeiten weiter?
Inside und ich waren letzte Woche auf einer Veranstaltung seines Kung Fu Vereins („Kung Fu Zentrum Karlsruhe“) und haben dort die Kampfsportler gesehen, die seit 3, 10 oder 25 Jahren Kung Fu machen, jeweils Schätzungsweise 2 Tage die Woche bis Vollzeit.
Wie zu erwarten war (Nerdor ist überall!), haben wir überlegt, wie deren Entwicklung verlief, und wie im Vergleich dazu Rollenspiele die Charakterentwicklung behandeln.
Dabei gibt es 3 unterschiedliche Stile.
Der erste ist durch Serien geprägt: Steigerung ist unwichtig, denn eigentlich bleiben die Charaktere immer gleich und lösen mir ihren bekannten Fähigkeiten immer neue Probleme. Simpsons, Lexx, Mac Gyver und viele Krimiserien sind Vertreter dieser Art2.
In der zweiten Art ist die Entwicklung der Charaktere zwar wichtig, aber sie liefert eher die Kontinuität und ist nicht der Fokus des Spiels. Beispiele sind Supernatural, Farscape und das echte Leben (in Grenzen, aber hey, es ist ein Spiel :) ). Diese Art des Spiels kann mit dem EWS über explizite Steigerung in passenden Situationen geregelt werden. Wann immer es passend erscheint, das ein Charakter besser wird, wird er auch besser. Alternativ kann das Steigerungsmodul (SteM) mit etwa drei Strichen pro Jahr genutzt werden; die drei Strich pro Jahr decken in etwa die typische Entwicklung in der echten Welt ab, sollten aber je nach Erlebnissen variiert werden3.
Die Dritte Art ist der Weg des Helden. Jedes Abenteuer bringt neue Erkenntnisse und der Charakter wächst mit jeder seiner Aufgaben. Der Ursprung dieser Struktur könnte in einer Adaption der typischen 3-Akt Struktur von Theater und Filmen auf episodische Abenteuer liegen. In den 3 Akten stellt sich der Protagonist erst einem Problem, um dann herauszufinden, dass es anders ist, als er dachte, dadurch zu versagen, an seinem Versagen zu wachsen (Initiationserlebnis) und mit den damit gewonnenen neuen Fähigkeiten doch zu gewinnen. Die Adaption dieser Struktur auf episodische Abenteuer bedeutet, dass Abenteuer eine (überraschende) Plotwendung enthalten und dass die Charaktere wirklich jedesmal besser werden und so im Verlauf vieler Abenteuer riesige Fähigkeitsspannen abdecken; sie können wirklich vom tumben Tölpel zum Meistermagus werden, oder vom Bauernjungen zum Feldherr, und das oft in nur wenigen Jahren. Außer in Rollenspielen, wo sie sehr verbreitet ist, wird diese Struktur vor allem in Animes wie Naruto, Fairy Tail oder Dragon Balls genutzt. Sie ist die durch das Steigerungsmodul (SteM) am besten unterstützte Art der Charakterentwicklung: Jeden Spielabend erhalten die Charaktere 1-6 Striche, mit denen sie steigern können. Die Werte sind fein genug unterteilt, dass alle 1-3 Spielabende gesteigert werden kann und durch das Würfelsystem haben auch einzelne Steigerungen starke Auswirkungen, allerdings nur auf jeweils etwa ⅓ der interessanten Mindestwürfe4.
In Rollenspielen gibt und Unterhaltungsmedien gibt es drei verschiedene Arten der Steigerung: Keine Steigerung, pseudo-realistische Entwicklung und den Weg des Helden. Alle 3 lassen sich mit dem EWS gut abbilden: Keine Steigerung durch das Grundsystem, der Weg des Helden mit dem Steigerungsmodul (SteM) und realistische Steigerung mit dem Steigerungsmodul, allerdings nur 3 Strichen pro Jahr Spielzeit statt 1-6 Strichen pro Spielabend.
Nicht alle von ihnen brauchen wir in jedem Spiel, und das ideale Gleichgewicht zwischen ihnen kann sich je nach Welt und Runde verschieben, je nachdem, was der Gruppe am wichtigsten ist.
Die Charaktere haben eine Aufgabe in der Welt, durch die sie etwas dazulernen können. Wenn sie diese Aufgabe erfüllen, lernen sie dazu. Die Regeln sorgen nur dafür, dass das Lernen konkret handhabbar wird: „Ich habe es geschafft, und jetzt kann ich das“. Sie könnte in einigen Welten sehr schön als Erklärung dafür dienen, warum Charaktere sich so viel schneller entwickeln als die meisten NSCs.
Sie ist in etwa das, was Earthdawn mit magischen Waffen macht: Um die Waffe zu steigern, musst du etwas über ihren Hintergrund lernen, dann kannst du ihre Fähigkeiten freischalten. Die Spielbalance wird dadurch erhalten, dass du zum Freischalten einen Faden in die Waffe webst, der dich Punkte kostet.
Das Bild wurde für Battle for Wesnoth von den folgenden Personen erstellt oder bearbeitet (in Alphabetischer Reihenfolge): Sirp ai0867 eleazar esr fmunoz isaac isaaccp ivanovic jetryl queenkiller soliton uid68803 zas. Arne Babenhauserheide hat die drei Einzelbilder zusammengefügt. ↩
Um diese Spielweise zu unterstützen hat das EWS Grundsystem keine Steigerung, sondern lagert sie in ein Modul aus. Wenn Steigerung nicht gewollt ist, müssen die Spieler auch nicht auf die Regeln dazu gestoßen werden. ↩
Um das noch feiner abzustufen, können Punkte statt Strichen verwendet werden. Je 3 Punkte entsprechen einem Strich, und die ersten drei Punkte geben bei Fertigkeiten einen Wert von 6 (1 Punkt), 8 (2 Punkte) und 9 (3 Punkte). Weitergehend geben 5 Striche einen Wert von 10, 7 einen von 11 und 9 einen von 12 (womit wir dann bei Dreiecken sind und nebenbei auch die Begründung haben, warum bei Fertigkeiten im SteM der erste Strich gerade einen Wert von 9 gibt). ↩
Die Besonderheit, dass Einzelsteigerungen nur die Chancen für bestimmte Mindestwürfe beeinflussen, ist bei der Beschreibung des ±W6 etwas detaillierter ausgeführt. ↩
Realistische Steigerung
Also bei drei Strichen pro Jahr, wäre der Charakter ziemlich doof, unbegabt oder was auch immer. Menschen können innerhalb kurzer Zeit auch viel lernen. Es kommt vor allem auf Begabung, Motivation und Auffassungsgabe an. "Der Weg des Helden" kommt mit mehr Realismus daher. Er wirkt nur fantastischer, weil es um Zaubersprüche, Raumschiffe, Drachen und Todessterne geht. Aber rechne das ruhig mal auf die reale Welt runter.
Vom Lehrling zum Gesellen kommst Du in 2,5 Jahre. Dabei lernst Du noch eine Fremdsprache, trainierst im Fitnessstudio Deine Muckis, lernst Schwimmen und Tauchen, machst den Führerschein, musst Deiner Freundin wegen in die Tanzschule, gehst zur Paartherapie, verbesserst Deine Techniken beim Flirten, lernst Spuren zu verwischen (vor allem die Deiner Geliebten) und zu lügen, gehst mit Deiner Verlobten zur Schwangerschaftsvorbereitung, lernst ein Kind zu füttern, zu wickeln und zu baden, liest ein Buch und guckst Dokus über Peru etc.
Du wirst in den wenigsten Dingen eine wahre Meisterschaft erreichen, aber Du lernst sie in dieser Zeit. Und das ist, vor allem bei aktiven und ambitionierten Menschen, normal. Der Mantel des Alltäglichen verbirgt für unsere Augen das scheinbar Außergewöhnliche. Es wird nur schwerer und dauert länger die jeweiligen Obergrenzen des Machbaren zu erreichen oder sich ihnen zu nähern.
Eine realistische Steigerung würde bedeuten innerhalb kurzer Zeit viele Dinge grundlegend zu erlernen. Allerdings dauert es länger und es wird schwerer sich darin zu verbessern. Zudem gibt es für jeden Menschen eine Obergrenze, die nur schwer zu erreichen ist - wenn sie überhaupt jemand auszuloten weiß.
Für einen Strich kommst du
Für einen Strich kommst du in einer Fertigkeit auf 9 (in einem Beruf auf 6). Du kannst also in 2,5 Jahren mit 7-8 Strichen:
Der erste Strich bringt dich von 3 auf 9, der zweite dann auf 11, der dritte auf 12. Die nächsten 3 Steigerungen brauchen je 2 Striche, dann 3, 4, 5, usw.
Mit der feineren Abstufung in der Fußnote kannst du sogar noch weit mehr lernen, aber halt auf 6.
Ein Wert von 12 in einer Fertigkeit (eine Sache) oder 9 in einem Beruf (ein breites Feld) heißt, dass du damit deinen Lebensunterhalt verdienen kannst, wenn es ein gesellschaftlich angesehener (und sinnvoll bezahlter) Beruf ist.
Wenn du willst, kannst du eine Liste von bis zum 18 Geburtstag normalerweise gelerntem schreiben, dann rechne ich aus, wie viele Striche das pro Jahr wären.
Eigentlich müssten wir dabei natürlich noch vergessen einrechnen. Rein regeltechnisch lässt sich das handhaben, indem dadurch Striche für andere Steigerungen „freiwerden“.
Allerdings ist auch die Kostenprogression noch heroisch. Um die realistischer zu machen: Das erste + kostet 1 Strich. Ab da kostet dann jeder Punkt Steigerung so viele Striche wie du jetzt schon Plusse in dem Wert hast. Dadurch wird die Progression Quadratisch und hohe Werte sind viel schwerer zu erlangen.
Eine Obergrenze gibt es noch nicht. Durch eine feste Verlernrate ließe sie sich aber simulieren: Du musst immer wieder Striche aufwenden, um alte Fertigkeiten zu erhalten. Um in einer Sache wirklich genial zu werden müsstest du dann das meiste andere aufgeben (es sei denn, es gibt dir Boni darauf (passende Fertigkeiten und Eigenschaften: 1 pro +), dann würde es sich lohnen, es zu halten). Das ist auch eine Alternative zur quadratischen Progression. Beispiel: Pro +, das der Charakter hat, verliert er einen Strich pro Jahr, den er von beliebigen Fertigkeiten abziehen muss. Dafür könnte er mehr Striche im Jahr erhalten.
Ist mir schon klar und ich
Ist mir schon klar und ich habe ähnlich gerechnet, aber mir geht es eher darum, dass in Deinem Beispiel - wie auch in viele anderen Spielen - wenige Sachen sofort kompetent gelernt werden, in der Realität es aber eine viel breitere Auswahl gibt, in der auch eine passende Kompetenz erworben werden kann. Dementsprechend würde ich das Beispiel mit der Realität einfach fallen lassen und mich nur auf Vergleiche zu Medien und Spielen konzentrieren, da es sich um ein Rollenspiel handelt und Weiterentwicklung nur im Rahmen der Spielregeln und Spielwelt von Bedeutung und nachvollziehbar sind.
Ich denke Ziel des Systems ist keine Simulation der Realität, sondern eine schnelle und unkomplizierte Abhandlung von Aufgaben mittels Eigenschaften der Figur. Der Absatz "Realistische Steigerung" ist somit ein unnötiger Klotz am Bein, der zudem die Kreativität des Autoren und das Design des Spiels unnötig einschränken. Die Realität ist viel differenzierter als es ein Rollenspiel je sein könnte und somit nur bedingt als Vergleich nützlich. Wäre das menschliche Lernverhalten so einfach strukturiert, bräuchte es keine Wissenschaften zum Ergründen der menschlichen Lernfähigkeit. :)
Die Frage die ich mir stelle ist vor allem die, wie schnell die Figuren in meinem Spiel aufsteigen sollen. Hole ich jetzt eine "realistische" Steigerung ins Boot, werde ich mich unweigerlich verfahren, denn es gibt viel zu viele Faktoren. Ich würde den Absatz splitten und auf "statische Steigerungen" und "willkürliche Steigerungen" eingehen. Das klingt bei Dir zwar schon an, wird aber nur wage beleuchtet. Zudem vermisse ich auch - eigentlich bei vielen Rollenspielen - die "Arcade Steigerung". Die wäre zwar um einiges verspielter, aber genau darum dreht sich eigentlich alles.
Oh, bevor Du mich vielleicht falsch verstehst: Ich finde den Artikel sehr gut. Mich stört nur der eine Absatz, da ich in den letzten Jahren ziemlich oft über genau dieses Thema nachgedacht habe. :)
Kein Problem - ich finde es
Kein Problem - ich finde es gerade richtig, dass du kritisierst, was deiner Ansicht nach nicht stimmt: Nur so kann es noch besser werden.
Die Realität (bzw. Pseudo-Realität) halte ich für wichtig, weil sie gerne angestrebt wird. Sie ist außerdem das, was die NSCs in der Welt erleben, und wenn durch diese Entwicklung eine Welt mit den jeweils erfundenen Strukturen entstehen kann, sind Regelwerk und Setting soweit konsisten zueinander. Auf die Art wird außerdem absolut offensichtlich, dass die meist schnellere Entwicklung der Charaktere etwas besonderes ist.
„Wie entwickeln sich die NSCs in der Welt?“
Meinst du mit statisch vs. willkürlich: Alle steigern gleich schnell (die Machtverhältnisse innerhalb der Gruppe ändern sich nicht) vs. es wird gesteigert, wenn es passt?
Und was meinst du mit Arcade-Steigerung? Eine Steigerung, die konsistenz und Machtbalance einfach mal ignoriert und sich v.a. darum kümmert, was jetzt gerade Spaß macht?
Ich weiß nicht, ob es in
Ich weiß nicht, ob es in Bezug auf 1W6 stimmt oder nicht. So nehme ich es halt wahr. Außerdem ist es angenehm jemanden zu haben, mit dem ich mich online austauschen kann, ohne dass sofort alles falsch verstanden wird. Online ist ohne persönliche Note ja immer so eine Sache, da der Gegenüber ja zur Interpretation des Gesagten fehlt. Ich finde, dadurch bekommen die User in Foren oft was in den falschen Hals. :)
Warum sollten sich NSC/NSF/SLC/SLF wie normale SC/SF entwickeln? Ich halte das für unnötig. Eine gezielte Entwicklung im Rahmen der Spielwelt halte ich dagegen für sinnvoll, auch in Abhängigkeit der Ereignisse. Aber auch nur solange, wie sich der Blick der Spieler und ihrer Figuren darauf richtet. Was die schnelle Entwicklung der Spieler-Figuren angeht, so sehe ich das halt anders. Die reale Entwicklung und Fortbildung ist einfach zu komplex. Sie ist unmöglich in Regeln zu pressen und stellt dann immer nur einen Ausschnitt dar. Und viele Betrachter bedeuten viele Ausschnitte. Das gibt dann unnötige Reibungspunkte innerhalb des Spiels.
Ich kenne das aus vielen meiner Gruppen. Sobald die Steigerungen mit der Realität "erklärt" wurden, kam es zu Diskussionen, in denen jeder seine persönlichen Erfahrungen einfließen ließ. Das sind aber alles subjektive Erfahrungen von Menschen. Und da die Regeln von Menschen geschrieben werden, sind es subjektive Regeln. Der eine lernt halt Gitarre durch einen Lehrer, der nächste bringt es sich selber bei, wieder jemand bevorzugt eine Mischung aus beidem. Der eine braucht länger, der andere braucht kürzer, einer lernt es vielleicht nie. Der nächste kann nebenbei noch Schlagzeug, Posaune und Triangel lernen, der übernächste ist mit der Gitarre alleine schon überfordert. Sobald die Steigerung abstrakt gehandhabt wird, fallen sämtliche Diskussionen weg.
Auf der Regelebene gibt es keine Subjektivität mehr, sondern nur noch Objektivität basierend auf den Regeln. Und die sollten deswegen keine Realität bei den Steigerungen suchen. Sobald das geschieht, muss ein System zu komplex werden, um wenigstens eine Pseudorealität darzustellen. Lernverhalten und Lernvermögen ist einfach zu unterschiedlich. Das ist jedenfalls meine Meinung zu dem Thema.
Eine Arcade-Steigerung ist an sich sehr abstrakt. Die Spieler-Figuren erreichen bestimmte Missionsziele, erhalten dafür eine Errungenschaft oder eine Auszeichnung, die ihre Fähigkeiten verbessern oder gegebenenfalls gegen eine Steigerung einzutauschen sind. Je nach System und Welt sehr passend. Stellt bei Videospielen auch niemand in Frage. :)
nach Ostern
Ich versuche nach Ostern länger zu antworten - kann grade nach 3 Stunden freenet-webui debuggen nicht mehr viel schreiben (Sehnen tun schon weh…) und bin ab morgen bis Montag weg. Kurzform: Größtenteils ja, NSCs wie SCs aus Konsistenzgründen: Die SCs sind Bewohner der Welt. Währen sie keine Abenteurer/… (Boni auf Steigerung oder Zugriff auf besondere Dinge oder andere Interessen), würden sie sich wie Bauern entwickeln. Arcade klingt spannend und könnte eine tolle Erklärung für schnellere Entwicklung der SCs sein.
4 Ziele
Mir macht es auch viel Spaß, mit dir zu diskutieren, auch weil ich unsere Gespräche als sehr konstruktiv wahrnehme. Es entsteht neues dabei, das vorher noch nicht da oder zumindest noch nicht so klar war.
Und das ist toll!
Was mir noch nicht klar ist: Was bedeuten „statische Steigerungen“ und „willkürliche Steigerungen“ als Alternative zu „realistischer Steigerung“ (die ich mal in pseudo-realistisch umbenannt habe, um klar zu machen, dass es nicht um wirklichen Realismus geht, sondern nur um eine Anlehnung an die Realität)? Was genau ist der Unterschied zwischen beiden?
Konsistente Entwicklung von Welt und SCs
Die NSCs sollten sich nach den gleichen Regeln entwickeln, wie die SCs, weil dadurch die Spielwelt und die Fähigkeiten der Charaktere für mich eine deutlich höhere Plausibilität erhalten. Dann macht sich ein Regeldesigner nämlich erstmal Gedanken darüber, warum die SCs sich eigentlich so viel schneller entwickeln als normale Leute in der Spielwelt - und wenn sie das nicht tun, wie es trotzdem passiert, dass sie zu Helden werden.
Ein Negativbeispiel sind (wie oft) DnD und DSA: Die Helden sind Leute aus dem Dorf. Dann ziehen sie aus, um Schätze zu suchen, Monster zu töten und viel in Kneipen rumzuhängen, und wenn sie zurück kommen sind sie körperlich stärker als der Schmied, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat, als schwere Hämmer auf Ambosse zu schmettern. Wären sie nicht ausgezogen, hätten sie aber nie so stark werden können.
Gibt es bestimmte Fähigkeiten, die dazu führen, dass nur wenige ausziehen können, oder ist die Todesrate so hoch, dass es niemand außer den Verrücktesten freiwillig machen würde? In den Alten Büchern teilweise ja. In den neuen nein. Also warum zieht nicht jeder Bauer erstmal für 5 Jahre auf Abenteuer aus und nutzt dann seine neuen Fähigkeiten, um seine Konkurrenten auszustechen? Das ist eine klaffende Logiklücke der Welt, die auch jede Hintergrundgeschichte der Charaktere betrifft.
Die Welt braucht meiner Meinung nach eine Erklärung dafür, warum die Helden so schnell besser werden (und wer sonst in der Welt so schnell besser werden kann, schließlich wollen wir auch würdige Antagonisten). In den griechischen Sagen waren es Erwählte der Götter, die viel litten, dafür aber auch große Vorteile hatten.
(wir haben das noch nicht integriert, auch wenn ich Ideen dazu habe, aber Exaltet zum Beispiel hat es: Ihr seid reinkarnierende Krieger der Götter, die regelmäßig getötet werden - meist direkt nach der Wiedergeburt)
Einen guten Alternativ-Namen für „realistisch“ (so schnell wie der Rest der Spielwelt) habe ich dabei noch nicht. Vielleicht „konsistent mit der Welt“.
Abstrakte Steigerung
Regeln sind für mich in der Relevanz unter der Welt angesiedelt: Wenn die Welt sagt, dass sich Leute so schnell entwickeln, dann sollten die Regeln das abbilden (aber die Welt sollte erklären, warum). Und Steigerungen sollten aus Situationen im Spiel erwachsen.
Das Extrem einer rein abstrakten Steigerung könnte bedeuten, dass jeder steigern kann, was immer er will, egal ob er es genutzt hat, oder nicht (und auch egal, was er sonst gemacht hat). Das Extrem einer von der Welt und den Ereignissen kontrollierten Steigerung könnte bedeuten, dass jede einzelne Handlung des Charakters mitnotiert wird, um daraus am Ende festzulegen, wie er sich verbessert hat - je nachdem, ob es eine Lernerfahrung war oder nicht. Beide Extreme sind irgendwie unbefriedigend: Das erste weil die Charakterentwicklung von der Welt und der Handlung abgekoppelt wird und das zweite, weil es völlig unbenutzbar wäre (es würde ja auch für nicht ausgespielte Handlungen gelten). Ein fürs Rollenspiel nutzbares System muss meiner Meinung nach einen Mittelweg zwischen beidem finden.
Auf der Regelebene kommt dadurch bei Rollenspielen Subjektivität mit rein, und das finde ich erstmal auch gut so, weil die Subjektivität eben durch die kleinen Unterschiede der Vorstellungen der Welt kommt.
Die Regeln bringen dabei meist die Einschränkung mit, dass die Charaktere in etwa gleich stark bleiben sollen (was in der Realität so nicht gegeben ist - schon alleine, weil wir keine gleichen Anfangsbedingungen haben und die Lerngeschwindigkeit durch Übung gesteigert werden kann).
Ereignisbasierte Steigerung
Eine ereignisbasierte Steigerung (um einen beschreibenden Ausdruck für Arcade zu nutzen) muss nicht abstrakt sein (wenn abstrakt bedeutet, dass sie nur aus den Regeln kommt). Eher im Gegenteil: Die Charaktere haben eine Aufgabe in der Welt, durch die sie etwas dazulernen können. Wenn sie diese Aufgabe erfüllen (was nicht alleine durch die Regeln geklärt wird, dafür bieten Rollenspiele bei weitem zu viel Handlungsfreiheit - und das ist gut so), lernen sie dazu. Die Regeln sorgen nur dafür, dass das Lernen konkret handhabbar wird: „Ich habe es geschafft, und jetzt kann ich das“. Sie könnte in einigen Welten sehr schön als Erklärung dafür dienen, warum Charaktere sich so viel schneller entwickeln als die meisten NSCs.
Sie ist in etwa das, was Earthdawn mit magischen Waffen macht: Um die Waffe zu steigern, musst du etwas über ihren Hintergrund lernen, dann kannst du ihre Fähigkeiten freischalten. Die Spielbalance wird dadurch erhalten, dass du zum Freischalten einen Faden in die Waffe webst, der dich Punkte kostet.
Grundlegend stellt das die Frage, was Steigerungs-Regeln eigentlich erreichen sollen. Ich sehe aktuell 4 Punkte:
Nicht alle von ihnen brauchen wir in jedem Spiel, und das ideale Gleichgewicht zwischen ihnen kann sich je nach Welt und Runde verschieben, je nachdem, was der Gruppe am wichtigsten ist.
Die 3 Beispiele im Ausgangsbeitrag bewegen sich dabei nur auf der Achse, wie viel Entwicklung wir erleben wollen.
Siehst du etwas, das fehlt?
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